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16. Süßungsmittel

Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe werden Lebensmitteln, vor allem Getränken und kalorienreduzierten Produkten, aber häufig auch Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln zugesetzt. Sie dienen vor allem dazu, den Geschmack aufzubessern und, im Fall von Medikamenten und Nahrungsergänzungen, die Toleranz des Konsumenten zu erhöhen.

Wir betrachten den großen Umfang, in dem Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe in unseren Lebensmitteln eingesetzt werden, als sehr bedenklich – zumal viele, insbesondere auch Kinder, solche Produkte täglich in nicht geringen Mengen verzehren.

Die Langzeitauswirkungen des Konsums verschiedener Süßungsmittel können nicht abgesehen werden; vor allem, da die Auswirkungen sehr individuell sind und sich durch Vorerkrankungen und die Ernährungsform verstärken können. (19) Speziell Schwangere und Stillende sollten den Konsum von Süßungsmitteln lieber vermeiden, da bisherige Studien die Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder nicht berücksichtigen und hier keine zuverlässigen Aussagen über die Unbedenklichkeit getroffen werden können (s. u.). Problematisch ist auch die Vielzahl der eingesetzten Süßungsmittel, die in unzähligen Produkten enthalten sind. Werden mehrere Produkte mit unterschiedlichen Süßungsmitteln verzehrt, kann nicht abgeschätzt werden, welche Auswirkungen diese Stoffe gemeinsam im Körper haben werden. Hierzu liegen keine Untersuchungen vor.

Bei den bislang beobachteten negativen Auswirkungen auf die Gesundheit muss zwischen den einzelnen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen unterschieden werden. Hier ist noch viel Forschung nötig, um die Unbedenklichkeit oder auch schädlichen Wirkungen der einzelnen Stoffe festzustellen.

Bei nahezu allen Süßungsmitteln treten bei mehr oder weniger hohen Dosierungen Verdauungsstörungen und Malabsorption auf. Veränderungen der Zusammensetzung des Darmmikrobioms werden ebenfalls sehr häufig beobachtet. Dies ist zum Beispiel bei den Süßstoffen Aspartam, Sucralose und Saccharin sehr ausgeprägt und nach kurzer Zeit der Fall. Erste Untersuchungen am Menschen zeigen, dass der Verzehr von Saccharin nach wenigen Tagen schon zu einem veränderten Darmmikrobiom und einer gestörten Glucosetoleranz führt. Die langfristigen Folgen, die dies für die Gesundheit des gesamten Körpers haben könnte, sind bislang nicht ausreichend bekannt. Es wird aber jetzt schon angenommen, dass die Veränderung der Insulinausschüttung zur Förderung von Typ-2-Diabetes und Adipositas beitragen könnte.

Einige Süßungsmittel, speziell Süßstoffe wie Natriumcyclamat, zeigen gravierende gesundheitliche Auswirkungen und werden sogar als krebserregend eingestuft, weshalb sie in unseren Produkten garantiert keinen Einsatz finden.

Unter den Zuckeraustauschstoffen betrachten wir insbesondere die häufig als besonders natürlich bezeichneten Zuckerersatzstoffe Stevia und Xylit aufgrund der Herstellungsweisen und der möglicherweise vorhandenen Rückstände als fragwürdig. Hier halten wir eine genaue Hinterfragung der Herstellung und Analyse auf Rückstände für unverzichtbar.

Es besteht noch viel Forschungsbedarf, um abzuklären, ob geringe Aufnahmemengen bestimmter Süßungsmittel gesundheitlich vertretbar sind.

Natürliche und synthetische Süßungsmittel

Süßungsmittel gehören zu den weltweit am häufigsten verwendeten Lebensmittelzusatzstoffen. (19) Aktuell sind in Europa 19 unterschiedliche alternative Süßungsmittel als Zusatzstoffe für Lebensmittel aller Art zugelassen. Diese lassen sich nach Grundlage der ZZulV (Zusatzstoff-Zulassungsverordnung §4 und Anhang II) in zwei Gruppen unterteilen: (kalorienreduzierte) Zuckeraustauschstoffe und (kalorienfreie) Süßstoffe.

Zuckeraustauschstoffe sind Zuckeralkohole (Polyole) wie Sorbit, Xylit und Erythrit (Kapitel 16.1.6). Sie werden durch chemische Hydrierung oder enzymatische Fermentation natürlicher pflanzlicher Mono- oder Disaccharide hergestellt. Da diese Stoffe auch bei der Reifung von Früchten oder deren Fermentation in sehr geringen Mengen entstehen, gelten sie als natürliche Produkte. Zuckeraustauschstoffe weisen eine geringere Süßkraft als Saccharose (Haushaltszucker) auf und haben einen niedrigeren Kaloriengehalt von circa 2,4 kcal/g im Vergleich zu 4,5 kcal/g (Saccharose). Eine Ausnahme stellt hier jedoch Erythrit dar, welches als einziges Polyol nahezu kalorienfrei ist. (427)

Süßstoffe werden in natürliche und synthetische, “künstliche” Süßstoffe unterteilt. Zu den natürlichen Süßstoffen zählen Sucralose (Kapitel 16.1.3) und Steviolglycoside (Kapitel 16.1.5); zu den künstlichen Süßstoffen zählen Aspartam (Kapitel 16.1.1), Cyclamat (Kapitel 16.1.4), Acesulfam-K und Saccharin (Kapitel 16.1.2). Diese Stoffe bestehen nicht aus Kohlenhydraten, sondern aus Substanzen mehrerer verschiedener chemischer Stoffklassen. Sie werden über diverse Verfahren synthetisch hergestellt oder aufwendig extrahiert. Sowohl die natürlichen, als auch die künstlichen Süßstoffe haben eine hundertfach höhere Süßkraft als Saccharose. Da davon ausgegangen wird, dass alle Süßstoffe vom menschlichen Körper nicht zur Energiegewinnung verstoffwechselt werden und sie zudem aufgrund der sehr hohen Süßkraft in nur minimalsten Mengen zum Süßen eingesetzt werden, gelten sie als kalorienfrei. (427)

Für viele Lebensmittelzusatzstoffe werden sogenannte ADI-Werte (“accepted daily intake”) und anderweitige Höchstmengen zur Verwendung bei der Herstellung von Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten festgelegt. Der ADI-Wert beschreibt die höchste noch akzeptable Menge, die ein Mensch täglich sein Leben lang zu sich nehmen kann, ohne dass der Stoff eine negative Wirkung im Körper auslöst. Diese Werte sollen sicherstellen, dass Verbraucher vor einer zu hohen Aufnahme des Stoffes und daraus resultierenden negativen Wirkungen geschützt werden. Für alle synthetischen Süßstoffe wurden solche ADI-Werte festgelegt. Für natürliche Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe nicht, da sie auch natürlicherweise in Obst und Gemüse vorkommen. (427–429)

Kennzeichnung

Für den Endverbraucher lohnt es sich somit nach Attributen wie “zuckerfrei”, “zuckerarm” und “ohne Zuckerzusatz” Ausschau zu halten, da dies neben der Zutatenliste oftmals Indizien dafür sind, dass Süßungsmittel in einem Produkt Verwendung finden. Dabei sei erwähnt, dass auch andere Begrifflichkeiten, die für den Verbraucher dieselbe Bedeutung haben, den jeweiligen Definitionen entsprechen müssen. Der Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel definiert jeden einzelnen dieser Begriffe wie folgt:

  • Zuckerfrei” darf ein Produkt unter der Voraussetzung, dass es weniger als 0,5 g Zucker pro 100 g oder ml enthält, deklariert werden.
  • Zuckerarm” bezeichnet feste Lebensmittel mit weniger als 5 g Zucker pro 100 g beziehungsweise flüssige Lebensmittel mit weniger als 2,5 g Zucker pro 100 ml.
  • ohne Zuckerzusatz” darf unter der Bedingung, dass keine Mono- oder Disaccharide oder irgendein anderes wegen seiner süßenden Wirkung verwendetes Lebensmittel beigefügt wurde, als Begriff Verwendung finden. Weist ein Lebensmittel von Natur aus Zucker auf, sollte dies für den Käufer auch durch folgenden Satz kenntlich gemacht werden: „enthält von Natur aus Zucker“. (430)

Finanzielle und produktionstechnische Gründe

Für die Verwendung von Süßungsmitteln in Medikamenten und vielen Nahrungsergänzungsmitteln gibt es neben dem Wunsch vieler Konsumenten nach “zuckerfreien” Produkten auch finanzielle und produktionstechnische Gründe, die den Einsatz von Süßungsmitteln seitens des Herstellers begründen. Im Vergleich zu üblichem Haushaltszucker werden von Süßstoffen nur sehr geringe Mengen benötigt, um die gewünschte Süße zu erreichen. Dies bietet zunächst einmal den Vorteil, dass Rohstoffkosten eingespart werden können. Ebenso könnte Zucker in vollautomatischen Produktionsanlagen durch seine hygroskopischen (wasseranziehenden) Eigenschaften Verklebungen und Verklumpungen verursachen, woraus technische Probleme entstehen. Dies ist bei synthetischen Süßstoffen und vielen Zuckeraustauschstoffen nicht der Fall. So ist durch den Einsatz von Süßungsmitteln eine kostengünstigere, vollautomatisierte Produktion großer Mengen möglich, die den Gewinn für die Hersteller maximiert. Ernährungsphysiologisch betrachtet besteht für die Verwendung von Süßungsmitteln in Nahrungsergänzungsmitteln jedoch keine Notwendigkeit.

Vielmehr wird der mittlerweile breite Einsatz von Süßungsmitteln häufig sehr kritisch betrachtet. Insbesondere bei den Süßstoffen stellten sich im Nachhinein zum Teil sehr problematische Nebenwirkungen heraus und auch unter den vielfältigen Zuckeraustauschstoffen zeigen sich bei näherer Betrachtung oft nicht nur gesundheitsförderliche Eigenschaften. Gerade auf diesem Gebiet wird kontinuierlich weiter geforscht, um weitere, neuartige, teils aus natürlichen Quellen stammende Süßungsmittel zu entwickeln. Es fehlen jedoch meist ausreichende Untersuchungen, um die Unbedenklichkeit für den Menschen und im Speziellen die Wirkungen auf das Darmmikrobiom eindeutig zu belegen.

Gesundheitliche Bedenken

Da die meisten Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe unverändert ausgeschieden werden, wird davon ausgegangen, dass keine Interaktion mit dem Darmmikrobiom stattfindet. Dies ist die Grundlage für die Befürwortung ihres Einsatzes in Lebensmitteln. Eine Interaktion zwischen den Süßungsmitteln und dem Darmmikrobiom kann jedoch auch ohne deren Metabolisierung stattfinden und zu tiefgreifenden mikrobiologischen Veränderungen führen. (20) Viele Tierstudien und Humanstudien weisen darauf hin, dass der Konsum von Süßungsmitteln das Darmmikrobiom, den Appetit, die Nahrungswahl und Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Adipositas und das metabolische Syndrom beeinflusst. Diese Studien legen nahe, dass die Süßungsmittel doch auf individuelle Weise mit dem Organismus und dem Darmmikrobiom interagieren und deshalb noch genauer erforscht werden müssen. (19,20) Es konnten Veränderungen in der Zusammensetzung, Vielfalt und Funktion der Darmflora nach dem Konsum einiger Süßungsmittel nachgewiesen werden. Diese Dysbiose hat negative Auswirkungen auf viele Stoffwechselprozesse des Körpers und damit auf die Gesundheit des gesamten Organismus. Insbesondere Nahrungsmittelbestandteile, die unverdaut in den Dickdarm gelangen, können als Substrate des Mikrobioms fungieren. So können sie das Wachstum bestimmter Bakterienstämme beeinflussen. Diese Mechanismen sind ebenfalls noch nicht ausreichend untersucht worden, sodass die möglichen Auswirkungen nicht abgesehen werden können. (431)

Bei den Süßstoffen wie Aspartam (Kapitel 16.1.1), Saccharin und Neohesperidin (Kapitel 16.1.2) sowie Sucralose (Kapitel 16.1.3) wurden bereits mehrfach negative Auswirkungen auf die Vielfalt und Zusammensetzung des Darmmikrobioms sowie auf die Glucosetoleranz und Insulinsekretion nachgewiesen. Die Stoffwechselprodukte von Aspartam wirken zudem als freie Radikale und erzeugen so oxidativen Stress, der Schädigungen im Körper hervorrufen kann. Zudem hemmt Aspartam die Aufnahme wichtiger Mineralien durch starke Wechselwirkungen. Beim Süßstoff Sucralose können durch Erhitzen krebserregende Substanzen entstehen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR warnt daher davor, Sucralose über 120 °C zu erhitzen. In den USA ist der Süßstoff Cyclamat (Kapitel 16.1.4) seit 1969 verboten. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Cyclamat mit der DNA interagiert und dadurch Strukturschäden verursacht. Ebenfalls wurde in Studien bestätigt, dass Cyclamat das Knochenwachstum negativ beeinträchtigt.

Kritisch ist auch der Süßstoff Stevia (Kapitel 16.1.5) zu betrachten, da die Steviolglycoside erst durch einen hochtechnischen Prozess aus der Pflanze gewonnen werden können. Hierbei sind einige chemische Stoffe und Aufreinigungsschritte nötig. Ebenfalls wurde berichtet, dass Stevia aufgrund der Zugehörigkeit zur Pflanzenfamilie der Asteraceae ein stark allergenes Potenzial aufweist. Vor allem hochgradig auf Pollen allergischen Personen wird der Konsum von Stevia daher nicht empfohlen.

Auch Zuckeraustauschstoffe (Polyole) (Kapitel 16.1.6) sind nicht unbedenklich. Einige der Zuckeraustauschstoffe werden aus cellulosehaltigen Abfällen der Holz- und Papierindustrie aufwendig hergestellt. Auch hier sind hochtechnische Prozesse notwendig, um einen reinen Zuckeraustauschstoff zu erhalten. Zudem konnten auch hier Veränderungen in der Vielfalt und Zusammensetzung des Darmmikrobioms beobachtet werden. Besonders häufig treten Symptome wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall aufgrund einer Malabsorption der Polyole auf. Für einige Süßungsmittel wurden zum Schutz der Konsumenten maximale tägliche Aufnahmemengen festgelegt. In Studien konnten negative Auswirkungen von Zuckeraustauschstoffen jedoch auch bereits bei geringeren Mengen festgestellt werden. Zudem gelten die festgelegten Werte nur für gesunde Erwachsene. Für Schwangere, Stillende, Kinder und kranke Personen wurden unseres Wissens keine entsprechenden Untersuchungen durchgeführt. Auch die Auswirkungen auf die Umwelt durch Rückstände von Süßungsmitteln in den Abwässern sind bisher ungeklärt.

Der süße Geschmack hat eine Wirkung

“Zucker ist ungesund.” Diese Aussage ist allseits bekannt und wer seinen Zuckerkonsum reduziert, der lebt gesünder. Doch süße Lebensmittel werden von den meisten Menschen bevorzugt, da der süße Geschmack dem Körper lebenswichtige Energie vortäuscht. (23) Die Zahl der Lebensmittel, denen Süßungsmittel anstatt Zucker zugesetzt werden, steigt deshalb stetig. Aufgrund vieler Studien, die die Unbedenklichkeit verschiedener künstlicher Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe nicht belegen konnten, gibt es jedoch zunehmend Bedenken hinsichtlich ihrer Verwendung. Der Zuckerkonsum, aber auch der Ersatz durch Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe wird daher kritisch diskutiert.

Zur physiologischen Wirksamkeit und Verstoffwechselung von Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen gibt es jedoch nur sehr wenige Studien. Es wird angenommen, dass sich alle Süßungsmittel in ihrer Wirkung ähneln. Da jedoch all diese Stoffe unterschiedliche chemische Strukturen aufweisen, kann dies kaum möglich sein. Jedes Süßungsmittel beeinflusst den Stoffwechsel auf eine individuelle Weise. Dies beginnt bereits bei der Bindung an die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge und der damit verbundenen Reizweiterleitung ins Gehirn zur Auslösung des süßen Geschmacks und zur Vorbereitung der Verdauung auf die Nährstoffaufnahme. Die unterschiedliche Aktivierung der Geschmacksrezeptoren hat Auswirkungen auf Bereiche im Gehirn, die an der Geschmackserinnerung und Dopamin-Freisetzung beteiligt sind. Saccharose bindet an den Rezeptor für die Wahrnehmung “süß” und bereitet dadurch den Organismus auf die folgende Verstoffwechselung des Zuckers und die Energieaufnahme vor. Es folgt eine über Nervenbahnen vermittelte Insulinausschüttung, um die im Darm resorbierte Glucose direkt in die Zellen aufzunehmen.

Süßstoffe wie Aspartam, Acesulfam-K und Cyclamat binden viel stärker an diesen Rezeptor als üblicher Haushaltszucker und erzeugen so eine deutlich höhere Süßkraft. Durch die stärkere Bindung lösen sie jedoch auch eine Abstumpfung der Rezeptoraktivität aus. Zudem binden Süßstoffe nicht auf dieselbe Weise wie Saccharose an den Geschmacksrezeptor. Hierdurch wird eine veränderte intrazelluläre Signalleitung angeregt, welche bisher nicht vollständig untersucht worden ist. Es wird angenommen, dass auch Süßstoffe eine über Nervenbahnen vermittelte Insulinausschüttung anregen. Es kann jedoch anschließend im Darm keine Aufnahme von Glucose in die Zellen stattfinden, da diese mit der Nahrung nicht in dem erwarteten Maß aufgenommen wurde. Der Stoffwechsel gerät dadurch in eine Unterzuckerung und muss dies durch Erhöhung der Nahrungsaufnahme kompensieren, was durch “Heißhunger” signalisiert werden kann. (431)

Ungenügende Empfehlungen für Schwangere, Stillende und Kinder

Für Schwangere und Stillende gibt es in vielen Bereichen der Ernährung besondere Empfehlungen. Es ist bekannt, dass sich das Ernährungsverhalten der Mutter während der Schwangerschaft und Stillzeit langfristig auf die Entwicklung der Geschmackspräferenzen, die Gewichtsentwicklung und die Gesundheit des Kindes auswirkt. Ebenso ist bekannt, dass eine Mangelernährung (Nährstoffmangel) der Mutter erhebliche Schädigungen des Kindes zur Folge haben kann. (432,433)

Über die Auswirkungen des Konsums von Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen in der Schwangerschaft und Stillzeit sind derzeit kaum aussagekräftige Studien durchgeführt worden. Immer mehr Tierstudien weisen aber darauf hin, dass der Konsum zu einer Veränderung des Darmmikrobioms führt und auch negative gesundheitliche Auswirkungen auf die Gesundheit des Säuglings (späteres Übergewicht) nicht ausgeschlossen werden können. Dies könnte eine direkte Folge der Süßungsmittel auf den Stoffwechsel sein, aber auch eine Auswirkung auf die Geschmacksprägung und das Essverhalten im späteren Leben. Generell sind die Ergebnisse aus vielen Tierstudien über mögliche Auswirkungen des Konsums auf das Kind im Mutterleib sehr kontrovers und lückenhaft. Dennoch wurde in einigen Studien ein Anstieg von Adipositas und der Präferenz für süße Lebensmittel festgestellt. Da Süßungsmittel jedoch unterschiedlich verstoffwechselt werden, kann kaum abgeleitet werden, welche Mechanismen hierfür verantwortlich sind. Über mögliche negative Auswirkungen auf das ungeborene oder gestillte Kind gibt es keine konkreten Untersuchungen aus Humanstudien. (432,434)

Derzeit werden alle Süßungsmittel – mit Ausnahme von Saccharin – während der Schwangerschaft und Stillzeit als sicher angesehen. Im Gegensatz zum weltweit stetig steigenden Konsum von Süßungsmitteln, wird Schwangeren und Stillenden in einigen Ländern trotzdem explizit empfohlen, den Konsum von Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen zu meiden. (432,434,435)

In einer Studie konnte belegt werden, dass die Süßstoffe Acesulfam-K und Sucralose in die Muttermilch übergehen und hierüber vom Säugling aufgenommen werden. Es wurde nicht weiter untersucht, ob die chronische Aufnahme von Süßungsmitteln über die Muttermilch negative gesundheitliche Folgen hat. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass eine gesteigerte Aufnahme von Süßungsmitteln über die Muttermilch die Geschmackspräferenzen des Kindes in Bezug auf süße Lebensmittel deutlich verstärkt. Der Gehalt an Süßungsmitteln in der Muttermilch sollte daher als sehr kritisch für die langfristige Gesundheit des Säuglings betrachtet werden. (435) In diesem Zusammenhang sind dringend weitere Langzeit-Untersuchungen notwendig.

Der Konsum von Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen wirft bei Kindern ebenso große Kontroversen auf. Mehrere Erhebungen konnten zeigen, dass Kinder, bezogen auf ihr geringeres Körpergewicht, wesentlich mehr Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe aufnehmen als Erwachsene. Hierbei wurden die festgelegten ADI-Werte teilweise deutlich überschritten. Problematisch hieran ist auch, dass die ADI-Werte aufgrund von Abschätzungen für gesunde Erwachsene festgelegt werden und nicht für Kinder. Eine gesundheitliche Bewertung dieser Überschreitungen kann derzeit nicht gegeben werden und der Konsum wird daher als unsicher angesehen.

Aus einigen Beobachtungsstudien konnte abgeleitet werden, dass die chronische Aufnahme von synthetischen Süßstoffen negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern in Bezug auf die Essgewohnheiten und das Körpergewicht hat. Es wird empfohlen, Kindern unter zwei Jahren keine mit Zuckeraustauschstoffen oder Süßstoffen gesüßten Getränke und Lebensmittel zu geben. (436) Süßungsmittel werden jedoch sehr häufig in Lebensmitteln für Kinder (Süßigkeiten, Kaugummi, Limonade), aber auch in Zahnpasta eingesetzt. Ebenso finden sie in vielen Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln als Trägerstoff oder Süßungsmittel Verwendung, um deren Akzeptanz zu erhöhen. (437) Im Gegensatz zu Süßstoffen wurden jedoch für Zuckeraustauschstoffe keine maximalen Aufnahmemengen (ADI-Werte) festgelegt. Dies bedeutet, dass selbst durch den täglichen Verzehr größerer Mengen von Zuckeraustauschstoffen keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen angenommen werden. (427) Dabei ist bekannt und dies auch so deklariert, dass einige Zuckeraustauschstoffe aufgrund osmotischer Effekte und mikrobieller Metabolisierung beim Verzehr größerer Mengen Darmbeschwerden und Durchfall hervorrufen können. (429) Da, wie bereits erwähnt, Kinder deutlich größere Mengen an Zuckeraustauschstoffen im Vergleich zu Erwachsenen aufnehmen, könnten auch die negativen gesundheitlichen Auswirkungen deutlich stärker und nachhaltiger auftreten. Zudem entwickelt sich das Darmmikrobiom in der frühen Kindheit und über einen längeren Zeitraum erst vollständig. Auf diesen Prozess können Umwelt- und Ernährungsfaktoren einen deutlich stärkeren Einfluss ausüben als bei Erwachsenen. (438)

Auch wenn wir den Einsatz der meisten Zuckerersatzstoffe sehr kritisch betrachten, ist zu berücksichtigen, dass Zucker an sich natürlich auch negative gesundheitliche Wirkungen hat – besonders wenn er im Übermaß verzehrt wird, aber bezüglich der Zahngesundheit auch bereits in geringeren Mengen. Dies gilt insbesondere bei Produkten für Kinder, die häufig in Form von Säften, Lutschtabletten oder Gummies produziert werden. Hier sehen wir sowohl den weitverbreiteten großzügigen Einsatz von Zuckerersatzstoffen und teilweise sogar Süßstoffen, als auch den Einsatz von “natürlichem” Zucker als nicht unproblematisch an. Im Gegensatz zu Produkten in Form von Tabletten und Kapseln spielt hier die geschmackliche Akzeptanz jedoch eine erhebliche Rolle. Zur geschmacklichen Verbesserung eines Produktes nutzen wir bislang maßgeblich natürliche Rohstoffe, wie süße Fruchtpulver, sofern wir dies als stimmig für das Gesamtprodukt erachten.

Auswirkungen auf die Umwelt

Als problematisch und nicht absehbar sind auch die bisher kaum beachteten Auswirkungen von Süßungsmitteln auf die Umwelt anzusehen. Da die allermeisten Süßungsmittel vom menschlichen und auch tierischen Organismus nahezu unverdaut wieder ausgeschieden werden, reichern sie sich in unseren Abwässern an. Der biologische Abbau dieser Stoffe in den Kläranlagen ist kaum möglich, da ihre spezifischen Abbauwege kaum erforscht sind. Derzeit können sie also nicht gezielt abgebaut werden, verbleiben nachweislich im Wasser und können sich sogar in Böden ablagern. (439,440) Süßungsmittel und ihre Abbauprodukte werden aufgrund ihrer Umweltpersistenz und ihres allgegenwärtigen Vorkommens in Abwässern in einigen Studien dementsprechend als Schadstoffe betrachtet. (433)

Für die Süßstoffe Cyclamat und Saccharin konnten bereits zytotoxische und mutagene Wirkungen auf Pflanzen nachgewiesen werden. Weiteren Süßungsmitteln wurden bakteriostatische Wirkungen nachgewiesen. (439,440)

In einer Studie konnte die Embryotoxizität der Abbauprodukte von Acesulfam-K auf Fischembryos eindeutig belegt werden. Die Abbauprodukte von Acesulfam-K im Wasser führten zu einer Unterentwicklung der Schwanzflosse, niedrigeren Schlupf- sowie Überlebensraten der Embryos. Diese Ergebnisse werfen große Bedenken zur Sicherheit von Acesulfam-K für den menschlichen Körper sowie die gesamte Umwelt auf, da es derzeit in den Kläranlagen nicht herausgefiltert wird. Die Abbauprodukte können letztendlich schwerwiegende ökologische Auswirkungen nach sich ziehen, die derzeit aufgrund der unzähligen möglichen Wechselwirkungen mit anderen Stoffen nicht abgeschätzt werden können. Eine kontinuierliche Exposition gegenüber diesen Abbauprodukten über das Trinkwasser bedroht womöglich langfristig ernsthaft unsere Gesundheit. (433)

In einer experimentellen Studie konnten gezielt spezifische Bakterienarten aus Faul- und Klärschlämmen identifiziert werden, welche in der Lage sind, Saccharin und Cyclamat abzubauen. Diese Ergebnisse könnten genutzt werden, um Abbauwege von Süßstoffen zu definieren und geeignete Prozesse dafür einzurichten. (439,440)

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