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4.1.3 Nikotin in Tee

Viele Jahre wurde Nikotin zur Insektenbekämpfung als Pestizid-Wirkstoff eingesetzt. In vielen Ländern ist dies auch heute noch der Fall oder es wird als “Bio-Insektenmittel” in Form eines selbst hergestellten Suds verwendet.

Nikotin ist jedoch ein Nervengift und führt über die Bindung an sogenannte Acetylcholin-Rezeptoren zu einer Erhöhung der Atemfrequenz, des Blutdrucks und der Herzfrequenz. Außerdem fördert Nikotin die Blutgerinnung, wodurch die Gefahr, Thrombosen zu entwickeln, erhöht wird. In hohen Konzentrationen verursacht Nikotin Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. In höheren Dosen wirkt es lähmend und kann sogar zum Tode führen.

Aufgrund seiner Toxizität ist Nikotin in der EU seit dem Jahr 2010 nicht mehr in Pestiziden zugelassen und bestimmte Rückstandsgrenzen dürfen in Produkten, die in der EU vertrieben werden, nicht überschritten werden. Unabhängig vom Eintragsweg fällt Nikotin unter den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 396/2005. (180) Für unverarbeitetes Obst und Gemüse gilt, mit Ausnahme von frischen Kräutern, ein gesetzlich festgelegter Rückstandshöchstgehalt für Nikotin von 0,01 mg/kg. Nur für wenige Produkte (Hagebutten, frische Kräuter, Wildpilze, Tee, Kräutertee und Gewürze) wurde auf Basis von Monitoringdaten ein höherer, spezifischer Rückstandshöchstgehalt für Nikotin angesetzt und weitere Studienergebnisse angefordert. (181) Momentan gilt für Tees ein Rückstandshöchstwert von 0,6 mg/kg, wobei zu berücksichtigen ist, dass bei einer Ziehzeit zwischen 1-5 Minuten circa 30 bis 50 % des Nikotins in den Aufguss übergehen. Dies bedeutet, dass bei einer Menge von in der Regel nicht mehr als 3 g Tee pro Tasse maximal 0,9 µg Nikotin zugeführt werden. Zum Vergleich: Durch das Rauchen einer Zigarette werden 1-2 mg Nikotin aufgenommen. Zu einer nennenswerten Aufnahme des Nervengifts kommt es also bei Einhaltung der Rückstandshöchstgehalte seltener bei Tees als bei anderen Nahrungsmitteln, von denen möglicherweise größere Mengen zugeführt werden (z. B. Pilze).

Seit Anfang 2017 hat das CVUA Stuttgart insgesamt 259 Proben unverarbeiteten Obsts und Gemüses (ohne frische Kräuter) auf Nikotin untersucht und insgesamt 19 auffällige Befunde über dem gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstgehalt festgestellt. (130,182) Proben, die beanstandet wurden, waren unter anderem Moringa-oleifera-Pulver (Herkunft unbekannt), getrocknete Gojibeeren aus China, Amaranthkörner aus Indien und Leinsamen aus Indien. Auch für verschiedene Pilze, vor allem Steinpilze, werden immer wieder Überschreitungen der Höchstwerte festgestellt. In einigen Fällen war ein akutes gesundheitliches Risiko durch die Nikotinaufnahme beim Verzehr der Pilze nicht auszuschließen. (183) Symptome nach dem Verzehr sind Übelkeit, Erbrechen und Schwindel bis hin zur Bewusstlosigkeit.

Die möglichen Eintragspfade sind in Bezug auf Nikotin besonders schwer zu ermitteln. Neben Kontaminationen aus Pflanzenschutzmitteln oder Tabaksud können bestimmte Pflanzen und Pilze auch natürliche Nikotingehalte aufweisen. Natürliche geringe Nikotingehalte weisen vor allem Nachtschattengewächse wie Kartoffeln, Tomaten und Auberginen auf. Aufgrund positiver Nachweise wurde auch ein natürlicher Gehalt in Steinpilzen und verschiedenen Tees diskutiert, was allerdings nicht nachgewiesen werden konnte. (182) Wahrscheinlicher ist hier der Eintrag durch nahegelegene Tabakfelder oder Tabakverarbeitungsanlagen. Außerdem sind Kreuzkontaminationen aus Tabakblättern, Tabakstäuben oder Kontaminationen durch den Kontakt mit Rauchern (z. B. über die Hände beim Ernten und der Verarbeitung) ebenfalls möglich. (184) Auch Zigarettenstummel auf dem Feld können zu einer deutlichen Kontamination führen, da Pflanzen Nikotin aus dem Boden aufnehmen können. (182,185)

Eine umfangreiche Analyse der verschiedenen Produktionsstufen von Schwarztee brachte hervor, dass Verbrennungsprozesse hier offenbar einen deutlich unterschätzten Eintragspfad darstellen. (130) Aufgrund der in Indien vorherrschenden Inversionswetterlage werden durch Verbrennungsprozesse entstandene Schadstoffe (PAK, Anthrachinon, Nikotin) nicht weiträumig verteilt, sondern lagern sich auf den angebauten Pflanzen ab. Je größer das Tabakanbaugebiet und je näher die Teeplantagen, desto höher war die Belastung. Die Tatsache, dass die fünf wichtigsten Teeanbauländer der Welt zugleich auch die fünf größten Tabakproduzenten sind, erklärt hinreichend, warum Nikotin immer wieder in Tees nachgewiesen werden kann. (130) Eine Kontamination kann in diesem Fall von den Produzenten de facto nicht beeinflusst werden und nur das Testen jeder einzelnen Teecharge kann hier Gewissheit bringen.

Mehr zu Pestiziden allgemein, den gesetzlichen Vorgaben und Belastungen in Lebensmitteln, Superfoods, Tees sowie Nahrungsergänzungen finden sie in Kapitel 4.

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