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23.3 Poliermittel von HPMC-Kapseln

23.3.1 Natriumdodecylsulfat (ein Detergenz)

Natriumdodecylsulfat, auch Natriumlaurylsulfat genannt, ist ein alkalisches, oberflächenaktives Detergenz, welches in einem technisch einfachen und kostengünstigen Verfahren aus Kokos- oder Palmöl hergestellt wird. Während Natriumdodecylsulfat in Europa nicht als Zusatzstoff für Lebensmittel zugelassen ist, findet es in Kosmetika und medizinischen Produkten durchaus Verwendung (siehe auch Kapitel 19.1.4). Gängige Konzentrationen sind 0,2 % in Cremes bis hin zu 25 % in Shampoos. (514) In medizinischen Produkten wird es zur Bildung von Emulsionen und Verbesserung der Löslichkeit anderer Substanzen oder eben als Schmiermittel bei der Herstellung von Tabletten und Kapseln eingesetzt. Die aus unserer Sicht besorgniserregendste Eigenschaft von Natriumdodecylsulfat ist es, Zellbarrieren durchlässiger zu machen. Dies macht man sich bei der oralen Einnahme zunutze, da es die Aufnahme von Wirkstoffen erleichtert. Dabei muss man sich bewusst machen, dass die höhere Durchlässigkeit der Zellmembranen auf eine Störung der Zellintegrität und Denaturierung von Proteinen zurückgeht. Vereinfacht gesagt, ist Natriumdodecylsulfat ein sehr starkes Reinigungsmittel, welches die Zellmembranen angreift. Wenn dies an der Darmwand passiert, werden natürlich mehr Stoffe – allerdings auch unselektiv – aufgenommen. Bei der äußerlichen Anwendung ist bekannt, dass Natriumlaurylsulfat ab ca. 2 % auf gesunder Haut Irritationen hervorruft; es wird daher sogar zu Testzwecken benutzt, um absichtlich Hauterscheinungen zu provozieren. Auch diese Hautirritationen sind, wie die oben erwähnte forcierte Aufnahme von oral gegebenen Wirkstoffen, darauf zurückzuführen, dass es Zellmembranen angreift und Proteine verändert. An der Haut sind diese Wirkungen gut erforscht. Man konnte hier zeigen, dass Natriumdodecylsulfat bestimmte Hautzellen anschwellen lässt, Keratinstrukturen zerstört und den pH-Wert sowie die Lipidproduktion der Haut verändert.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA schlug im Jahre 2017 aufgrund dieser bekannten vielfältigen Wirkungen einen Grenzwert von 0 % für die äußerliche Anwendung vor. (516)

Über die Folgen der oralen Aufnahme gibt es deutlich weniger Studien. In Tierversuchen konnte aber gezeigt werden, dass Natriumdodecylsulfat nicht nur degenerierende Effekte auf Zellmembranen der Haut, sondern auch des Darmes aufweist und die Mikrovilli, welche zur Nährstoffaufnahme im Darm dienen, schädigt. (483)

Immer wieder gibt es seitens der Industrie Veröffentlichungen zur Sicherheit und Unbedenklichkeit von Natriumdodecylsulfat und ähnlichen Substanzen. (657,658) Große Diskussionen gibt es dennoch um möglicherweise krebserregende Wirkungen, schwere Augenschädigungen, Haarausfall, Einlagerungen in Augen, Gehirn, Herz und Leber mit Langzeitschäden dieser Organe bis hin zu neurotoxischen Wirkungen und Beeinflussung des Hormonsystems. (657)

Ob diese Vorwürfe begründet sind, ist schwer zu beurteilen. Sicher ist jedenfalls die oben beschriebene Wirkung auf Zellmembranen, was für uns ausreicht, um auf diesen ohnehin aus unserer Sicht unnötigen Schritt des Polierens mitsamt des sicherlich nicht gesundheitsfördernden Natriumdodecylsulfats zu verzichten.

Für eine Übersicht zu Hilfsstoffen in Kapselhüllen siehe Kapitel 23.

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