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30.4 Nachhaltiges Palmöl trägt ein Biosiegel plus ein Siegel für fairen Handel (FIBL-Analyse)

Im Jahr 2019 führte das Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau FIBL eine kleine, aber sehr interessante Analyse zum Thema nachhaltig erzeugtes Palmöl durch. Insgesamt acht Unternehmen mit unterschiedlichsten Zertifizierungen wurden in Bezug auf vier Hauptkriterien verglichen: Landnutzung, Ölqualität, Auswirkungen auf die Umwelt und soziale Kriterien. Die positive Mitteilung der FIBL-Analyse ist: “Ja, es ist möglich, Palmöl nachhaltig und fair zu produzieren!”. (837) Alle biologisch zertifizierten Palmölunternehmen schnitten bei fast allen Nachhaltigkeitskriterien gut oder sehr gut ab. Unternehmen, die lediglich das RSPO-Siegel trugen, erhielten eine schlechtere Bewertung – hauptsächlich aufgrund der Anwendung von Düngemitteln und Pestiziden. Interessanterweise brachte die Analyse auch hervor, dass eine gleichzeitige RSPO- oder FAIRTRADE-Zertifizierung einen zusätzlichen Mehrwert zur reinen Bio-Zertifizierung hat. Zwar erzielen bio-zertifizierte Unternehmen bessere Preise für qualitativ besseres Öl und sind in der Lage, ihren Farmern mehr zu zahlen, dennoch deckt die RSPO- bzw. FAIRTRADE-Zertifizierung weitere arbeitsrechtliche Kriterien ab, die eine Bio-Zertifizierung allein nicht erfüllt. Nachhaltig produziertes Palmöl trägt demnach idealerweise neben einem Biosiegel ein Siegel für fairen Handel oder zumindest das RSPO-Siegel. (837)

Die derzeitige Situation in Deutschland ist allerdings eine andere: 2017 waren gemäß einer durch das FONAP in Auftrag gegebenen Studie 78 % der Gesamtmenge des nach Deutschland importierten Palmöls zertifiziert. (808) Dies waren gemäß Aufschlüsselung nach Zertifizierungssystemen 62 % nach ISCC, 33 % nach RSPO, nur 5 % Bio-Zertifizierung oder nach anderen Systemen.

Hinter den 62 % des ISCC-zertifizierten Öls dürften zum Großteil die Anteile stehen, die für die Biodieselproduktion verwendet werden, denn 100 % des Biodiesels sind zertifiziert und im Jahr 2017 wurden in Deutschland 52 % des importierten Palmöls für die Biodiesel- und Energieproduktion genutzt. (831) Das ISCC-Siegel (International Sustainability and Carbon Certification) soll helfen, die Einhaltung verschiedener Nachhaltigkeitskriterien wie etwa abholzungsfreier Lieferketten nachzuweisen, spielt aber vor allem für produzierende Unternehmen, etwa für Futtermittel, die Chemieindustrie und eben (überwiegend) die Biodieselproduktion, eine Rolle. Darüber hinaus tragen 33 % des nach Deutschland importierten Palmöls eine RSPO-Zertifizierung und nur 5 % ein wirkliches Biosiegel. Der häufig verwendete Begriff CSPO (certified sustainable palm oil) ist übrigens nahezu deckungsgleich mit der RSPO-Zertifizierung.

Für allgemeine Informationen zum Thema Palmöl siehe Kapitel 30.

Palmöl: Das Wichtigste zusammengefasst

●      Palmöl (inklusive Palmkernöl) ist weltweit das meist produzierte Pflanzenöl. 75 % werden als Nahrungs- oder Futtermittel verwendet. Außerdem dient Palmöl zur Herstellung von Kerzen, Pflanzenschutzmitteln, Kunststoffen, Farben und Lacken oder insbesondere in der EU als Biodiesel. Palmkernölderivate (Tenside, Emulgatoren, Glycerin) finden Spezialanwendungen in Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Kosmetika oder als Spezialfett für die Süßwarenindustrie.

●      Palmöl steht in mehrfacher Hinsicht stark in der Kritik:

-      Ölpalmen werden in tropischen Regionen angebaut. Dies führt – trotz Einführung freiwilliger Siegel – zur illegalen Abholzung von Regenwald.

-      Mehr als die Hälfte des in die EU importierten Palmöls wird zur Herstellung von Biodiesel verwendet. Eine Anpassung der europäischen Gesetzgebung hierzu wird von vielen Umweltverbänden gefordert.

-      Palmöl gilt in seiner Verwendung in Nahrungsmitteln als ungesund, da der hohe Anteil an gesättigten Fettsäuren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen soll. Der teilweise Ersatz in Nahrungsmitteln durch heimische Ölpflanzen wie Sonnenblume, Soja und Raps ist möglich; aber: der Flächenbedarf einheimischer Pflanzen ist viel größer als der von Ölpalmen.

-      Durch Raffination des Palmöls entstehen im Vergleich zu anderen Pflanzenölen erhöhte Mengen toxischer Substanzen (3-MCPD- und Glycidol-Fettsäureester). Diese lassen sich durch Anpassungen in der Herstellung minimieren.

●      Der Ersatz von Palmöl in Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Kosmetika ist aus technischen Gründen schwierig. Hier scheint der Einsatz von Palm(kern)öl verglichen mit den möglichen Alternativen, wie vor allem Kokosöl, die ökologisch beste Wahl zu sein – vorausgesetzt, das Palmöl stammt aus vertrauenswürdiger, wirklich nachhaltiger Quelle. Ideal ist die Kombination aus einer Bio-Zertifizierung und einem Siegel für fairen Handel – oder zumindest RSPO.

●      Wir haben die bestehenden Siegel, die für Palmöl in Kosmetik eine Rolle spielen, unter die Lupe genommen:

-      Die großen Siegel wie RSPO, POIG oder die Initiative FONAP stehen trotz aller Kritik für gewisse Mindestanforderungen und bieten die Chance, mit den großen Konzernen im Gespräch zu bleiben. Ein Garant für fair produziertes, biologisches Palmöl sind diese Siegel jedoch nicht.

-      Die bekanntesten Naturkosmetik-Siegel sind BDIH, NATRUE und ECOCERT. Daneben gibt es vereinzelt durch Demeter und Naturland zertifizierte Kosmetik. Die Kriterien der einzelnen Siegel sind durchaus unterschiedlich. In Bezug auf Palmöl liefern das ECOCERT-Zertifikat bzw. COSMOS Organic die strengsten Ansätze.

-      Siegel für fairen Handel und Nachhaltigkeit sind FAIRTRADE, Fair for Life, UTZ, Rainforest Alliance und Naturland fair. Fair for Life stellt aus unserer Sicht die umfassendsten Anforderungen an einen wirklich fairen Handel.

 

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