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25.1.2 Formaldehyd und Melamin

Ein weiterer in Hinblick auf Lebensmittelkontaktmaterialien bedeutsamer Stoff ist Melamin-Formaldehyd-Harz, ein harter und bruchsicherer Kunststoff, der aus den Grundbausteinen Melamin und Formaldehyd hergestellt und vor allem in farbenfrohen Tellern, Bechern, Kochutensilien, Kindergeschirr sowie Mehrwegkaffeebechern enthalten ist. (678)

Mit der Aufnahme von Melamin und Formaldehyd können eine Reihe gesundheitlicher Risiken verbunden sein. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung kam es durch Melamin in Tierexperimenten zu toxischen Wirkungen an der Blase sowie zu Nierenschäden (697). Im Jahr 2014 ist Formaldehyd zudem in die Kategorie 1 B laut CLP-Verordnung eingestuft worden und gilt seitdem als „krebserzeugend”. (698)

Formaldehyd ist haut- sowie schleimhautreizend und kann akut zu Tränenfluss, Hustenreiz, Übelkeit wie Erbrechen führen. Regelmäßiges Einatmen kann Krebs im Nasenrachenraum zur Folge haben. Bei bestehender Formaldehyd-Allergie kann es zu Kurzatmigkeit und einer Verengung der Luftwege sowie nach Hautkontakt zu Brennen, Rötungen, Blasenbildung der Haut, Zerstörungen des Hautgewebes oder zu allergischen Kontaktekzemen kommen. Für die orale Aufnahme ergab sich ein Potenzial für Entzündungen im Magenbereich. (678)

Die tägliche tolerierbare Aufnahmemenge (TDI) für Melamin beträgt laut EFSA und BfR für den durchschnittlichen Erwachsenen 0,2 mg/kg Körpergewicht. Also sollte ein 70 kg schwerer Mensch täglich nicht mehr als 14 mg Melamin zu sich nehmen. Für Formaldehyd hat das BfR einen TDI von 0,6 mg pro kg Körpergewicht pro Tag abgeleitet, was bei einem 70 Kilogramm schweren Menschen einer Tagesdosis von 42 mg entspricht. (697) Allerdings sollte für Formaldehyd der Beitrag aus Lebensmittelkontaktmaterialien für Erwachsene lediglich 20 % von diesem Wert betragen, da Formaldehyd auch über andere Wege aufgenommen wird.

Deshalb hat das BfR zusätzlich zum TDI eine maximal duldbare Formaldehyd-Konzentration eines Nahrungsmittels abgeleitet. Diese ergibt sich aus der Freisetzung von Formaldehyd aus einem Lebensmittelkontaktmaterial und liegt bei 10,4 mg/l.

Um die Bevölkerung zu schützen, wurden daher Maximalwerte festgelegt, die von einem Kontaktmaterial in ein Lebensmittel übertreten dürfen. Laut Verordnung der Europäischen Kommission [Verordnung (EU) Nr. 10/2011] sind dies maximal 2,5 mg Melamin und 15 mg Formaldehyd pro Kilogramm Lebensmittel (spezifischer Migrationswert, SML).

Anhand von Studien wurde vom BfR jedoch ermittelt, dass die maximal duldbare Konzentration für Formaldehyd durch Kontakt mit melamin-formaldehydhaltigem (MFH) Geschirr bei 12 % des Geschirrs überschritten wird. Bei Melamin wurde der festgelegte spezifische Migrationsgrenzwert (SML) von 2,5 mg Melamin pro Kilogramm Lebensmittel von 15 % der Gegenstände überschritten. (697)

Um die gewünschten Materialeigenschaften zu erhalten, muss dem MFH stets ein Füllstoff zugesetzt werden. In den letzten Jahren kommen als Füllstoffe für den Kunststoff vermehrt alternative Produkte wie Bambusfasern zum Einsatz. Die so hergestellten Produkte werden häufig als Bambusware beworben, welche vor dem Hintergrund der Plastikvermeidung ein gutes Image genießt. Eine typische Anwendung stellen wiederverwendbare Kaffeebecher dar. Diese Becher enthalten oft einen erheblichen Kunststoffanteil, meist Melamin. Werbeaussagen rücken oft den Bambus in den Vordergrund, obwohl er als Füllmasse meist einen geringeren Anteil des Materials ausmacht. Aussagen wie „biologisch abbaubar“ sind daher verbrauchertäuschend und falsch, da Bambus in Verbindung mit dem Melamin-Formaldehyd-Harz nicht mehr abbaubar ist. (678)

Bei Geschirr aus Bambusware war der TDI für Formaldehyd bei 27 % der Proben überschritten. Bei einem Viertel der untersuchten Gegenstände war der Wert für Erwachsene um das bis zu 30-Fache übertreten. Auch die maximal duldbare Formaldehyd-Konzentration war teilweise bis zum 90-Fachen zu hoch. Für Melamin war in 35 % der Bambuswareprodukte der SML überschritten. Bei einem Vergleich von herkömmlichem MFH-Geschirr und Bambusware-Geschirr war die Freisetzung von Formaldehyd im Schnitt etwa 30 % höher, die von Melamin mehr als doppelt so hoch. (697) Diese Untersuchungen fußen auf Tests, bei denen man über einen Zeitraum von 2 Stunden, die zu untersuchenden Materialien 3-prozentiger Essigsäure bei Temperaturen von 70 °C aussetzt. Aus Sicht des BfR ist ein erhöhtes Gesundheitsrisiko möglich, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher täglich heiße flüssige Nahrungsmittel in Geschirr aus MFH abfüllen und zu sich nehmen. Bei einer langfristigen täglichen Verwendung von „Bambusware“-Geschirr mit besonders hoher Formaldehyd-Freisetzung hält das BfR ein erhöhtes Gesundheitsrisiko für wahrscheinlich. (697)

Doch Melamin kommt nicht nur über die Verwendung von Lebensmittelkontaktmaterialien in unsere Ernährung. Als illegal hinzugefügtes Streckmittel konnte Melamin in Milch- und Proteinpulvern nachgewiesen werden (siehe Kapitel 24.1.2). Formaldehyd kann zudem über die Begasung von Frachtcontainern in Lebensmittel gelangen (Kapitel 26.1.5).

Für eine Übersicht anderer bedenklicher Substanzen in Verpackungsmaterialien siehe Kapitel 25.

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