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7.1.4 Cumarin (Zimt)

Cumarin gehört ebenfalls zu den sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Es ist nicht zu verwechseln mit dem Curcumin aus Curcuma oder mit den zur Hemmung der Blutgerinnung eingesetzten Cumarinderivaten wie Phenprocoumon oder Warfarin. Cumarin selbst hat diese gerinnungshemmenden Eigenschaften nicht.

Erstmals isoliert wurde der Pflanzeninhaltsstoff aus der Tonkabohne, welche Cumarin in relativ hohen Konzentrationen zwischen 1 und 3 %, selten auch bis 10 % enthält. Weitere Pflanzen, die Cumarin enthalten sind Dill, Waldmeister, Steinklee, Kamille, Lavendel, Datteln, Zitronen (im Zitronenöl der Schale) und Cassia-Zimt. Insbesondere der Gehalt in dieser Zimtart (zwischen 700 und 12.200 mg pro kg) wird ernährungsphysiologisch als bedeutsam eingestuft, denn allein mit dem Verzehr von Weihnachtsgebäck können die empfohlenen Grenzwerte (s. u.) überschritten werden. Der seltenere Ceylon-Zimt hat übrigens einen deutlich geringeren Cumaringehalt; max. 297 mg pro kg wurden hier nachgewiesen. (246)

Cumarin ist ein Duftstoff, welcher von den betreffenden Pflanzen als Mittel vor Fraßfeinden gebildet wird. Sein Duft wird zwischen süß und würzig, “nach Heu” duftend, bis vanilleartig und natürlich zimtig eingeordnet, während Cumarin geschmacklich durchaus eine bittere Note aufweist. Bereits seit Jahrhunderten wird Zimt als Gewürz und Hausmittel in verschiedenen Kulturen genutzt. Wie schon Paracelsus erkannte, macht auch hier die Dosis das Gift. So dienen Untersuchungen zur Blutzucker-regulierenden Eigenschaft von Zimt sowohl der Entwicklung neuer Therapieansätze bei Diabetes Typ 2, als auch der Erforschung lebertoxischer Wirkungen unter entsprechend hohen Dosierungen. (247) Aufgrund verschiedener Studien zur positiven Wirkung von Zimt auf den Glukosestoffwechsel gelten bis zu 6 g Zimt pro Tag heute als therapeutische Dosis bei Diabetes. (246,248–250) Weitere Forschungsgebiete zum therapeutischen Einsatz von Zimt und Cumarin betreffen neben der bekannten antioxidativen und antimikrobiellen Wirkung, auch antientzündliche, neuroprotektive und antikanzerogene Eigenschaften des Zimtbestandteils. Positive Wirkungen konnten hier zum Beispiel bei Alzheimer oder Gebärmutterhalskrebs nachgewiesen werden. (251,252)

In Bezug auf die toxische Bedeutung von Cumarin kamen die zuständigen Behörden der EU zu dem Schluss, dass für eine Tagesdosis von 25 mg Cumarin eine Leberschädigung für einen Teil der Bevölkerung nicht ausgeschlossen werden kann. Aus der abgeleiteten unbedenklichen Tagesdosis von 5 mg Cumarin für einen Erwachsenen wurde ein TDI von 0,1 mg pro kg Körpergewicht errechnet. Die EFSA empfiehlt entsprechend, eine Exposition oberhalb des TDI-Wertes zu vermeiden, stuft jedoch eine leichte Überschreitung für einen begrenzten Zeitraum von maximal ein bis zwei Wochen mit hoher Wahrscheinlichkeit als unbedenklich ein. Eine solche Überschreitung kann bereits durch den Verzehr von Weihnachtsgebäck erreicht werden. (246)

Aufgrund der möglichen lebertoxischen Wirkungen wurden im Laufe der Jahre ebenfalls verschiedene Grenzwerte für Nahrungsmittel festgelegt. Im Jahr 1988 wurde entsprechend der damaligen Nachweisgrenze für Cumarin ein sehr strenger Wert von 2 mg pro kg als Obergrenze für die meisten Lebensmittel festgelegt (Aromastoff-Direktive 88/388/EEC). In einer Neubewertung der EFSA im Jahr 2004 wurde Cumarin dagegen gänzlich wieder aus der Aromenverordnung gestrichen, da nachgewiesen werden konnte, dass Cumarin keinen genotoxischen Wirkmechanismus aufweist. Aufgrund der oben erwähnten neueren Untersuchungen zum Einsatz von Cumarin bei Diabetes wurden dann aber im Jahr 2011 wegen lebertoxischer (aber nicht kanzerogener) Wirkungen wieder Höchstgehalte für bestimmte Lebensmittelgruppen eingeführt (Verordnung (EG) Nr. 1334/2008). Seitdem gelten für saisonale und feine Backwaren, Frühstücks-Getreideerzeugnisse und Dessertspeisen Höchstgehalte zwischen 5 und 50 mg pro kg. Für Zimt als Gewürz selbst gelten keine Höchstgehalte. (246)

Im Gegensatz zu den Regularien bei Lebensmitteln, gibt es für den Zusatz in Kosmetika keine Höchstmengenbeschränkungen und es darf auch synthetisch hergestelltes Cumarin verwendet werden. Es wird jedoch angenommen, dass die lebertoxischen Effekte bei der Aufnahme über die Haut deutlich geringer ausfallen im Vergleich zur oralen Aufnahme über Lebensmittel. (246)

Für mehr Informationen zu anderen toxischen Pflanzenstoffen siehe Kapitel 7.

Toxische Pflanzenstoffe: Das Wichtigste zusammengefasst

●      Pyrrolizidinalkaloide, Tropanalkaloide, Cyanide und Cumarin sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die von vielen Pflanzen zum Schutz vor Fraßfeinden gebildet werden. Einige Vertreter der genannten Pflanzenstoffe gehören zu den giftigsten bekannten Phytotoxinen.

●      Einige klassische Heilpflanzen bilden vermehrt Pyrrolizidinalkaloide, z. B. Beinwell, Huflattich und Pestwurz. Auch Tees, vor allem Kamillentee, aber auch andere Kräutertees, einschließlich Rooibos sowie schwarzer und grüner Tee, und Honig enthalten vermehrt Pyrrolizidinalkaloide. Einige Unterformen der Pyrrolizidinalkaloide besitzen akute und chronische lebertoxische Eigenschaften. In Tierversuchen wurden unter sehr hohen Dosierungen karzinogene Wirkungen nachgewiesen.

●      In Europa sind ab Juli 2022 Höchstgehalte für Pyrrolizidinalkaloide gesetzlich festgelegt, da die Behörden zu dem Ergebnis kamen, dass sich Gesundheitsrisiken durch die übermäßige Zufuhr pyrrolizidinalkaloidhaltiger Pflanzen nicht ausschließen lassen. Auch in Produkten, die keine pyrrolizidinbildenden Pflanzen enthalten, wurden die toxischen Stoffe nachgewiesen, was vermutlich überwiegend auf die Ernte von Beikräutern zurückzuführen ist. Ölige Auszüge pyrrolizidinhaltiger Pflanzen sind weitestgehend frei von Pyrrolizidinalkaloiden.

●      Tropanalkaloide kommen in Nachtschattengewächsen und als Verunreinigungen vor allem in Getreide und Kräutertees vor. Es können starke Vergiftungssymptome mit Mundtrockenheit, Sehstörungen, Herzklopfen und Benommenheit auftreten. Höchstgehalte existieren für verschiedene Getreidearten und wurden kürzlich auch für Kräutertees festgelegt. Auch die Verunreinigung mit Tropanalkaloiden kann durch eine gute Anbau- und Erntepraxis vermieden werden.

●      Cyanid ist ein schon in geringen Mengen hochtoxischer Stoff, welcher die zelluläre Energiegewinnung blockiert und zum Tod führen kann. Bittere Aprikosenkerne, Leinsamen und Maniok enthalten in verstärktem Maß cyanogene Glykoside. Für Aprikosenkerne gilt ein gesetzlich festgelegter Höchstwert von 20 mg/kg. Weitere Höchstwerte für Leinsaat, Mandeln, Maniokwurzel und Maniokmehl sind geplant. Die Aufnahme des giftigen Cyanids ist stark von der Verarbeitung und Zubereitung (Maniok) abhängig. Aus geschroteten Leinsamen wird deutlich mehr Cyanid frei als aus ganzen Leinsamen.

●      Cumarin ist ein Bestandteil von Tonkabohnen und Cassia-Zimt, aber auch in vielen Kräutern, wie beispielsweise Dill oder Datteln enthalten. Cumarin kann in sehr hoher Dosierung zu Leberschäden führen. Für bestimmte (zimthaltige) Lebensmittel wurden Höchstgehalte festgelegt. Diabetiker, die Cassia-Zimt zur Senkung des Blutzuckerspiegels einnehmen, können die empfohlene Höchstmenge von 5 mg Cumarin pro Tag überschreiten.

 

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