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8.3 Bakterielle Erreger (Salmonellen, E. coli, Bacillus cereus, …)

Für den Menschen besonders relevante bakterielle Erreger sind Salmonellen, Shiga- (STEC) bzw. Verotoxin- (VTEC) bildende Escherichia coli, Campylobacter spp., pathogene Yersinien, Shigella spp. und Listeria monocytogenes. Auch Bacillus cereus oder Clostridium perfringens können Infektionen auslösen, während Clostridium botulinum und Staphylococcus aureus besonders durch die von ihnen gebildeten Toxine Symptome verursachen.

Gemäß einer umfangreichen Analyse der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sind Infektionen mit Campylobacter spp. und Salmonellen die häufigsten Zoonosen (Stand 2020). Betroffen sind überwiegend tierische Lebensmittel wie Ei und Eiprodukte sowie Fleisch und Fisch; vor allem Geflügel. (253) Pflanzliche Lebensmittel sind hingegen seltener mit pathogenen Keimen belastet und führen im Schnitt zu weniger schwerwiegenden Symptomen. Seit dem großen EHEC-Ausbruch von 2011 werden allerdings auch pflanzliche Lebensmittel verstärkt auf mikrobielle Belastungen untersucht. Damals führten mit enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) verunreinigte Sprossen zu einem gehäuften Auftreten von blutigen Durchfällen und zu Erkrankungsfällen des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS). (257,265)

Ein Risiko-Ranking (Daten von 2007 bis 2011) der EFSA über Krankheitserreger speziell in pflanzlichen Lebensmitteln ergab, dass Salmonella spp. in und auf rohem Blattgemüse (Salat) am bedeutsamsten sind. (266) Die Kombinationen von Salmonella spp. und Bacillus spp. in Gewürzen und getrockneten Kräutern wurde in die vierte von fünf Risikogruppen eingeordnet:

  1. Salmonella spp. in und auf rohem Blattgemüse (Salat)

  2. Salmonella spp. in verschiedenen Gemüsesorten, unter anderem Tomaten, Melonen,

pathogene E. coli in frischen Schoten, Hülsenfrüchten und Körnern

  1. Norovirus in rohen grünen Blättern (z. B. Salat),

Salmonella spp. in Sprossen,

Shigellen in frischen Schoten, Hülsenfrüchten und Körnern

  1. Bacillus spp. und Salmonellen in Gewürzen und getrockneten Kräutern,

Norovirus in verschiedenen Gemüsesorten und Himbeeren,

Salmonellen in Himbeeren, Shigellen in frischen Kräutern, pathogene E. coli in Sprossen,

Yersinien in Karotten

  1. Norovirus in Tomaten und Karotten

Salmonella spp. in Nüssen und Produkten aus Nüssen

Shigella spp. in Karotten

In getrockneten Produkten haben insbesondere Kontaminationen mit dem Sporenbildner Bacillus cereus eine besondere Relevanz, da die Dauerformen dieses Bakteriums auch bei Wasserentzug überdauern und unter geeigneten Bedingungen wieder auskeimen können. Hier gilt es jedoch zu betonen, dass nicht alle Bacillus-cereus-Stämme gleichermaßen toxinbildend sind. Differenzierungen zwischen B. cereus und dem landwirtschaftlich genutzten, für Menschen ungefährlichen B. thuringiensis sind oftmals schwierig. (267)

Untersuchungen in Deutschland

In Deutschland gibt es nur wenige Berichte über bakterielle Lebensmittelinfektionen in der Lebensmittelkategorie “getrocknete Blatt- und Grasprodukte”. Eine gute Übersicht über die in Deutschland durch Länderinstitute erhobenen mikrobiologischen Untersuchungen liefert eine Auswertung vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Hier wurden alle Ergebnisse der Länder aus den Jahren 2014 bis 2016 zusammengefasst. Während Kontaminationen mit Salmonellen in Deutschland offenbar recht selten anzutreffen sind, wird B. cereus in pflanzlichen Produkten durchaus häufig nachgewiesen. Außerdem gab es einzelne Nachweise von pathogenen E. coli in Grasprodukten. Das Risiko, nach Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln aus getrockneten Blättern und/oder Gräsern an einer Salmonellose oder einer EHEC-Infektion zu erkranken, lässt sich gemäß BfR aufgrund fehlender Daten nicht abschätzen. Erkrankungen durch das ansonsten häufig auftretende Bakterium Campylobacter spp. werden durch den Verzehr von getrockneten Blattprodukten jedoch als unwahrscheinlich erachtet.

Tabelle: Auswertung für Deutschland über durchgeführte, mikrobiologische Untersuchungen von frischem Blattgemüse, Blattgemüseerzeugnissen bzw. -zubereitungen, Tee und Nahrungsergänzungsmitteln (2014 bis 2016)

 

frisches Blattgemüse

Blattgemüse-

erzeugnisse/-zubereitungen

Tee

Nahrungs-

ergänzungsmittel

Salmonellen

2 von 1.009

(0,2 %)

(Basilikum, Schnittsalat)

1 von 408

(0,2 %)

(getrocknetes Blattgemüse)

3 von 364

(0,8 %)

(davon 2x Kräutertee)

1 von 17 (5,9 %)

B. cereus

 

 

102-103

KbE/g

29 von 329

(8,8 %)

8 von 126

(6,3 %)

43 von 232 (18,5 %)

3 von 15 (20 %)

 

>103 KbE/g

45 (13,7 %)

hohe Konzentrationen

12 (9,5 %)

11 (4,7 %)

0

 

>105 KbE/g

Basilikum, Petersilie, Rucola, Kresse, Schnitt- und Kopfsalat

Blattgemüsemischung

Kräutertee

0

Toxinbildende E. coli (STEC)

3 von 931

(0,3 %) (Rucola)

0 von 161

(0 %)

nicht untersucht

4 von 11

(36 %) (Gersten-/

Weizengras)

Campylobacter spp.

Untersuchungen pflanzlicher Lebensmittel nur vereinzelt - keine Funde

keine Funde

 

nicht untersucht

nicht untersucht

Listeria monocytogenes

Einzelne Meldungen von Thymian, Petersilie (RASFF 2016, Deutschland 2016)

nicht untersucht

keine Funde in frischen oder getrockneten Kräutern, wie z. B. Melisse, Salbei, Malve, Kamille, Dill, Petersilie, Senf

und Koriander

Shigella spp.

0 von 56

0 von 5

nicht untersucht

nicht untersucht

Clostridum perfringens

1 von 40 (2,5 %)

(Majoran)

0 von 37

0 von 12

1 von 12

Yersinia enterocolitica

0 von 33

nicht untersucht

nicht untersucht

nicht untersucht

Quelle: (255)

Weitere Studien

In einer Studie aus dem Jahr 2019 (Polen) wurden insgesamt 122 Supplemente und 30 pflanzliche Rohmaterialien untersucht. (268) Die getesteten Produkte enthielten blaue Heidelbeeren, Bananenpulver, Weißdorn, Topinamburwurzel, Himbeeren, Leinsamen und Artischockenblätter; getestete Rohmaterialien waren aus Nesseln, Tomaten, Holunder, Königskerze und Enzian. Zwar konnten in 92,1 % der analysierten Proben Bakterien nachgewiesen werden, jedoch war die Belastung häufig gering. Bedenklich hohe Mengen wurden für Enterobakterien in 3,1 % der Supplemente (über 103 KbE/g) und für aerobe Bakterien in 5,3 % der Supplemente (über 5 KbE/g) nachgewiesen. Zudem wurden in dieser Studie nicht nur speziell für den Menschen gefährliche Bakterien untersucht, sondern die mikrobielle Gesamtbelastung ermittelt. Unter den häufigsten Bakterien waren Bacillus spp., Micrococcus spp. und Staphylococcus spp. Sowohl Bacillus- als auch Micrococcus-Stämme sind weit verbreitet und können besonders gut in trockener Umgebung überdauern. Auch Staphylokokken, die in knapp 30 % der Proben gefunden wurden, kommen natürlicherweise sehr häufig vor. Keine der Proben enthielt das pathogene Bakterium Staphylococcus aureus oder Salmonellen. In zwei Proben wurde E. coli nachgewiesen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine noch größere Studie, in welcher 1.165 Supplemente untersucht wurden. Hier erfüllten 6,5 % die Kriterien für Arzneimittel nicht. Dies war in der Hälfte der Fälle auf zu hohe Werte für aerobe Bakterien zurückzuführen, ein Viertel enthielt zu hohe Pilzbelastungen, 17 % zu viele Enterobakterien und 8 % E. coli. (256)

Bacillus cereus und andere Sporenbildner

Wenig überraschend findet sich der Sporenbildner Bacillus cereus häufiger in getrockneten als in frischen Produkten wieder. Allerdings muss hier genau unterschieden werden, denn besonders hohe Keimzahlen finden sich wiederum in frischen Produkten wie Kräutern und Salat, während in Tees und Nahrungsergänzungen kaum größere Mengen des Bakteriums zu verzeichnen sind; in der Auswertung des BVL 4,7 % in Tees respektive 0 % in Nahrungsergänzungsmitteln, die mehr als 103 KbE/g B. cereus aufwiesen. In einer Untersuchung pflanzlicher Pulver – unter anderem für die Zubereitung von Smoothies – wurden in zwei von 34 Proben toxinbildende Bacillus cereus nachgewiesen. (269,270) Das CVUA Stuttgart stellte ebenfalls bei fünf von 25 Proben pathogene Keime fest. Vier Proben – zwei Moringapulver, ein Gerstengraspulver und ein Spirulinaprodukt – enthielten in einem nicht gesundheitlich bedenklichen Ausmaß Bacillus cereus. (271) In einer Studie von 2001 wiesen jedoch knapp 20 % der untersuchten medizinischen Kräuter größere Mengen (mehr als 103 KbE/g) des Bakteriums auf. (272)

Neben dem weit verbreiteten Bacillus cereus werden gelegentlich auch Sporen weiterer Bakterienspezies nachgewiesen: In der genannten Studie von 2001 waren in 84 % der untersuchten Proben Sporen von Clostridium perfringens, in weiteren Studien von 2008 und 2009 wurden in über 7 % beziehungsweise 62 % der analysierten Kamillentees Clostridium botulinum Sporen gefunden. (272–274) Obwohl unseres Wissens nach bislang in der Literatur keine entsprechenden Vergiftungsfälle beschrieben sind, besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass die Sporen selbst das Aufbrühen mit kochendem Wasser überleben und durch Aufnahme des Tees vor allem für Säuglinge gesundheitsgefährdend sein könnten. Das BfR schreibt im Jahr 2017, dass “eine Einschätzung des Risikos aufgrund fehlender Daten nicht möglich” sei.

Salmonellen

Kontaminationen mit Salmonellen wurden, wie erwähnt, selten in Deutschland festgestellt (Auswertung BVL 2014 bis 2016). Im Jahr 2003 traten einmalig gehäufte Salmonelleninfektionen bei insgesamt 39 Kindern auf. 21 der Kinder mussten in einem Krankenhaus versorgt werden. Die Infektionen waren nach dem Verzehr von Babytee verschiedener Hersteller aufgetreten, wobei als gemeinsame Quelle das Düngemittel eines Zulieferers für Anissamen identifiziert werden konnte. (274) Über Salmonellen in getrockneten Kräutern wurden vereinzelt Nachweise in Studien erbracht. Im Frühjahr 2022 wurde in Deutschland ein pflanzliches Nahrungsergänzungsmittel mit Früchten, Blütenpollen, Kräutern und Gemüsen zurückgerufen. Grund waren eigene Untersuchungen des Unternehmens, die Salmonellen in einer Charge des betreffenden Produktes nachgewiesen hatten. (275)

In einer brasilianischen Untersuchung von 132 Kräuterprodukten wurden in 34,8 % der Proben Salmonellen gefunden. Dieser außergewöhnlich hohe Anteil verunreinigter Proben ist jedoch auf die Art der Proben zurückzuführen: hier wurden überwiegend flüssige (wasserbasierte) Kräuterzubereitungen untersucht, die zum Teil auf traditionelle Weise hergestellt wurden und nicht als Produkt erworben werden können. (276)

Bekannt sind auch frühere Fälle von Salmonellen in Rooibostee. Mittlerweile wird jedoch in Südafrika von den Behörden streng kontrolliert, dass nach der Herstellung der Tee mittels Erhitzung vom Erzeuger sterilisiert wird. Wir konnten uns bei unseren Teefarmen von dieser Praxis selbst überzeugen.

Pathogene E. coli

E. coli werden gelegentlich in Nahrungsergänzungsmitteln nachgewiesen. In der oben genannten Auswertung des BVL wurden toxinbildende E. coli in Weizen- und Gerstengraspulvern gefunden. Das CVUA Stuttgart stellte ebenfalls in einem Gerstengras-Pulver Verotoxin-bildende E. coli (VTEC) fest. In einer Analyse des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden ebenfalls im Jahr 2017 21 Obst- und Gemüse-Smoothies sowie 13 pflanzliche Pulver, die für die Herstellung von Smoothies verwendet werden können, auf mikrobielle Kontaminationen untersucht. In je einer Probe der beiden Untergruppen wurden Verotoxin-bildende E. coli (VTEC) festgestellt. (269,270)

Interessant ist, dass auch in Getreidemehlen VTEC nachgewiesen werden können. In einem bundesweiten Überwachungsprogramm zur VTEC-Belastung von Getreidemehlen wurden in 34 von insgesamt 238 untersuchten Proben aus Weizen-, Roggen- und Dinkelmehlen toxinbildende E. coli nachgewiesen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Gesundheitsgefährdung durch den Erhitzungsschritt beim Backen, Kochen und Braten geringer ist als bei Produkten, die zum Rohverzehr angeboten werden. (277)

Untersuchungen anderer getrockneter, pflanzlicher Produkte zeigen in seltenen Fällen ebenfalls Kontaminationen mit E. coli an. In einer polnischen Studie enthielten 2 von 122 Proben (Topinambur und Himbeeren) nachweisbare Mengen E. coli – allerdings wurde hier nicht im Speziellen auf toxinbildende Stämme untersucht. (256)

Kräutertees werden sehr selten auf E. coli untersucht. Jedoch zeigt sich, dass auch hier Verunreinigungen grundsätzlich auftreten können. (278)

Für mehr Informationen zu anderen Bakterien und/oder Viren und Pilzen siehe einleitendes Kapitel 8.

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