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2.2.4 Arsen

Das Halbmetall Arsen gelangt wie Quecksilber durch zahlreiche industrielle und landwirtschaftliche Prozesse in die Umwelt. Es findet sich typischerweise in Meeresfrüchten, Trinkwasser, Quellwasser, Wein (aus gespritzten Trauben), Obst und Gemüse (Rückstände von Pflanzen- und Holzschutzmitteln), Industrieemissionen, Autoabgasen, Abgasen und Abfällen aus Schmelzöfen, aus der Kohleverbrennung und aus der Metallverarbeitung, aus der Halbleiter- und Glasherstellung, Lötkolben, Farbpigmenten (z. B. in alten Tapeten), in PVC, Kosmetik und Reis.

Gefährliches anorganisches Arsen

Arsen kommt ebenfalls in anorganischer und organischer Form vor. In diesem Fall ist es jedoch genau umgekehrt wie bei Quecksilber und das im Boden vorkommende anorganische Arsen, welches als Karzinogen eingestuft ist, besitzt allgemein eine deutlich größere Toxizität, während im Wasser überwiegend organische Arsenverbindungen zu finden sind. Anorganisches Arsen wird daher vermehrt von Pflanzen aus dem Boden aufgenommen, während organisches Arsen in Meerestieren vorkommt. (74)

Anorganisches Arsen hat toxische Effekte auf die Leber, Haut Lunge und führt zu ernsthaften Problemen des Verdauungssystems, des Nervensystems sowie der Blutzusammensetzung. Ab wieviel Milligramm Arsen tödlich ist, ist schwer zu verallgemeinern. Es wirkt abhängig von vielen Faktoren individuell toxisch. Allgemein gilt aber, dass bei bestimmten Personen bereits 60 Milligramm letal wirken können.

Auf der anderen Seite soll Arsen jedoch in geringer Dosis auch heilsam sein. In der Antike bis zum Mittelalter wurde es sogar auch als leistungssteigerndes Mittel eingesetzt (z. B. bei Bergwerkarbeitern), was sich allerdings ab einer bestimmten Menge in toxischen Reaktionen äußerte.

Organische Arsenolipide sind ebenfalls gefährlich

Verschiedene Untersuchungen geben jedoch Anlass dazu, die oben dargestellte schematische Bewertung noch einmal zu differenzieren. Auch bestimmte organische Arsenverbindungen können toxisch wirken.

Bereits im Jahre 2006 konnten österreichische Wissenschaftler der Arbeitsgruppe von Prof. Ernst Schmeisser feststellen, dass der menschliche Körper Arsenolipide verstoffwechselt. Bei Probanden, denen man arsenhaltige Dorschleber zum Essen gegeben hatte, konnten später im Urin bestimmte Arsenolipide nachgewiesen werden, die nicht zuvor in der Dorschleber festgestellt werden konnten.

In einer Studie der Universität Graz wurde eine Übertragung von Arsenolipiden in Muttermilch nach dem Verzehr von Lachs beschrieben. Solche arsenhaltigen Lipidstrukturen, aus Fisch und Meeresfrüchten, können Zellmembranen durchdringen und somit das Arsen in die Zellen einschleusen. (75) Dabei gelten insbesondere die „Arsenic Carbonhydrates“ – eine Untergruppe der Arsenolipide – als zytotoxisch. Sie können auch die Bluthirnschranke überwinden.

Arsen in Lebensmitteln

Bei der Analyse von Lebensmitteln ist also vor allem auf den Gehalt des anorganischen Arsens, aber auch auf das Vorhandensein von toxischen organischen Arsenverbindungen, insbesondere Arsenolipiden zu achten.

Untersuchungen der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) im Zeitraum von 2007 bis 2014 ergaben besonders hohe Gehalte des anorganischen Arsens in Algen (1.901 µg/kg), Reis (101 µg/kg), aber auch in Fischen und Meeresfrüchten (31 µg/kg). (74)

Arsen in Algen

Verschiedene Studien belegen, dass in den unterschiedlichen Lebensmittelkategorien die höchsten Arsenkonzentrationen von marinen Produkten erreicht werden; hierzu gehören Seefisch, Meeresfrüchte und Algen. Anders als in anderen Lebensmittelkategorien findet sich hier jedoch überwiegend organisches Arsen und in geringerem Maße das besonders toxische, anorganische Arsen wieder. So wurden beispielsweise in einer Studie von 2010 im Mittel 23 μg/g (= 23.000 μg/kg) Arsen in getrockneten Algen nachgewiesen; hiervon war jedoch ein relativ geringer Anteil von 0,135 μg/g auf anorganisches Arsen zurückzuführen.

In einer Untersuchung der EFSA im Jahr 2014 wurden jedoch – auch in Bezug auf das anorganische Arsen – die höchsten Konzentrationen in Algen (Untergruppe der Gemüse und pflanzlichen Produkte) und Algenprodukten (Untergruppe Nahrungsergänzungen) gemessen. Die Spitzenreiter der beiden Kategorien bildeten Kombu mit 0,353 μg/g und ein kombiniertes Spirulina-Chlorella-Produkt mit 6,134 μg/g.

Unter den organischen Arsenverbindungen gelten einige Verbindungen wie das Arsenobetaine als nicht toxisch, da nachgewiesen werden konnte, dass diese Verbindungen unverändert mit dem Urin wieder ausgeschieden werden. Anders verhält es sich mit den oben genannten Arsenolipiden und auch von den über 15 verschiedenen Arsenzuckern und deren Metaboliten könnten möglicherweise chronisch-toxische Wirkungen ausgehen. Bekannt ist bislang, dass der Hauptmetabolit DMA (Dimethylarsensäure) sich in Wolle und Hörnern von Schafen anreichert, welche Algen mit einem hohen Anteil an Arsenzuckern verzehren. Hier besteht jedoch noch weiterer Forschungsbedarf.

In einer weiteren Untersuchung der belgischen Gesundheitsbehörde aus dem Jahr 2015 wurden explizit essbare Algen und Algen als Nahrungsergänzungen getestet sowie anhand von Expositionsabschätzungen eine Risikobewertung durchgeführt. Die ermittelten Arsengehalte algenbasierter Nahrungsergänzungen lagen hier deutlich niedriger im Vergleich zu essbaren Algen. Bei den Nahrungsergänzungen lag die Gesamtkonzentration aller Arsenformen zwischen 0,092 bis 5,5 μg/g – mit Ausnahme zweier Kelp-Produkte, welche mehr als 23 μg/g Arsen enthielten. Der Gehalt anorganischen Arsens lag deutlich niedriger und erreichte nur bei zwei Produkten Werte über 0,1 μg/g (Ascolphyllum nodosum mit 0,11μg/g und ein Kelp-Produkt mit 1,43 μg/g). Algen als Lebensmittel enthielten mit Ausnahme von Hijiki-Arten im Mittel 32 μg/g Gesamtarsen und 0,35 μg/g anorganisches Arsen. Hijiki-Arten hingegen kamen auf noch weitaus höhere 105 μg/g Gesamtarsen und 64,8 μg/g anorganisches Arsen.

Auf Basis dieser Daten und einer ermittelten Grundbelastung von 0,11 µg anorganischem Arsen pro kg Körpergewicht und Tag schätzte die belgische Gesundheitsbehörde den Verzehr algenbasierter Nahrungsergänzungen nicht als hohes Gesundheitsrisiko ein. 

Unter Berücksichtigung der sehr geringen täglichen Verzehrmenge von Nahrungsergänzungen tragen diese mit weniger als 0,00004 bis maximal 0,00743 µg pro kg Körpergewicht und Tag nur in einem sehr geringen Umfang zur Gesamtbelastung bei. 

Etwas anders verhält es sich bei den essbaren Algen. Der Verzehr von Algen als Lebensmittel (z. B. Nori, Arame, Kombu oder Wakame) wird nur bis zu 7 g pro Tag als geringes Gesundheitsrisiko eingestuft. Es werden selbst bei dieser relativ geringen Menge nochmal um ein Drittel bis 100 % der Grundbelastung zusätzlich an anorganischem Arsen zugeführt. Vom Verzehr der an anorganischem Arsen reichen Hijiki-Arten (Hisikia fusiforme) wird generell abgeraten.  

Arsen in Reis

Insbesondere durch die verbreitete und mengenmäßig hohe Aufnahme von Reis und Reisprodukten stellte in der Vergangenheit der mitunter hohe Gehalt in diesem Lebensmittel ein besonders ernst zu nehmendes Gesundheitsrisiko dar. Dabei sind die seit 2016 geltenden Grenzwerte mit 0,2 bis 0,3 mg/kg eigentlich viel zu hoch angesetzt – zum Vergleich: für Trinkwasser gilt eine Höchstmenge von 10 µg/kg. Toxikologen würden 10-fach geringere Grenzwerte für Reisprodukte als sinnvoll erachten; allerdings würde dies bedeuten, dass manche Produkte die Grenzwerte nicht mehr erfüllen würden. Insbesondere aufgrund des erhöhten Krebsrisikos wird daher dazu geraten, Reis nicht täglich zu verzehren.

Nach Berechnungen der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) nehmen schon Kleinkinder durchschnittlich zwischen 0,61 und 2,09 µg/kg Körpergewicht an Arsen pro Tag auf. Aber schon ab einer täglichen und lebenslangen Belastung mit 0,3 µg anorganischem Arsen pro kg Körpergewicht steigt das Krebsrisiko. (76)

In einer Untersuchung des BVL von 2010 wurden in 133 von 185 Reisproben ein Median von 0,10 mg/kg anorganisches Arsen gefunden bei einem Mindestwert von 0,03mg/kg und einem Maximalwert von 0,19 mg/kg. Das 90ste Perzentil betrug 0,13 mg/kg. Diese Werte lagen alle unterhalb der erlaubten Grenzwerte.

Das Verhältnis von anorganischem (gefährlichem) Arsen zu Gesamtarsen lag bei den 185 Proben in einem sehr großen Bereich (zwischen 11 % und 100 %), also je nach Probe sehr unterschiedlich.

Aufgrund der relativ strengen Kontrollen der Behörden in den letzten Jahren ist aber insgesamt ein deutlicher Rückgang des Arsengehalts in den Reis-Proben zu beobachten.

Für eine Übersicht der Schwermetalle und anderer toxischer Metalle siehe Kapitel 2.

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