19. Emulgatoren
Emulgatoren sind oberflächenaktive Stoffe, durch die eine einheitliche Vermengung mehrerer, normalerweise nicht mischbarer Substanzen ermöglicht wird; soll eine stabile und gleichmäßige Mischung aus wässrigen und öligen Teilen hergestellt werden, so können Emulgatoren diese aufrechterhalten. Hierdurch kann in Lebensmitteln oder Medikamentenlösungen eine ansprechende Konsistenz und verlängerte Haltbarkeit geschaffen werden. Zudem wird die Absorption von Wirkstoffen aus Medikamenten erhöht. (29,476–479)
Obwohl bei weitem nicht für alle Emulgatoren wissenschaftliche Studienergebnisse vorliegen, räumt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ein, dass alle unter diese Lebensmittelzusatzstoffklasse fallenden Substanzen das Darmmilieu negativ beeinflussen könnten. (480)
Im Folgenden ist eine Auswahl an Emulgatoren beschrieben, die bei der Lebensmittelproduktion und auch im Rahmen der Herstellung von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln zum Einsatz kommen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass die erwähnten Substanzen in mehrere Lebensmittelzusatzstoffklassen fallen und somit mitunter auch mehrere Zwecke erfüllen.
In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Emulgatoren wie Polysorbat 80 (Kapitel 19.1.1) die Darmschleimhaut sowie das Darmmikrobiom schädigen. Dies wurde mehrfach als Risikofaktor für die Entwicklung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, aber auch Adipositas, Stoffwechselstörungen, Glucoseintoleranz sowie Insulinresistenz, dem metabolischen Syndrom und Typ-2-Diabetes bestätigt. Für viele Emulgatoren, u. a. Polysorbat 80, wurden hierzu umfangreiche Untersuchungen durchgeführt – zu anderen Emulgatoren ist die Datenlage diesbezüglich noch unzureichend, sodass nicht hinreichend geklärt ist, ob alle Emulgatoren gleichermaßen schädlich sind.
Lecithine (Kapitel 19.1.2) beispielsweise scheinen erst in sehr hohen Dosierungen zu entsprechenden Störungen zu führen. Hier gilt es besonders zu beachten, dass große Qualitätsunterschiede zwischen verschiedenen am Markt angebotenen Lecithinen bestehen. Dies gilt zum einen in Bezug auf den Ursprung der Rohstoffe, aus denen das Lecithin hergestellt wird (gentechnisch veränderte Pflanzen, Pestizidrückstände), und zum anderen auf die Verarbeitung (Anwendung schädlicher Lösungsmittel). Zudem sind in Verbindung mit Sojalecithin vereinzelt allergische Reaktionen aufgetreten, obwohl dieses als hypoallergen gilt. Sonnenblumenlecithin, welches wertvolle Phospholipide enthält und bei der Herstellung von flüssigen liposomalen Vitaminen zur Anwendung kommt, kann als Beispiel für eine überlegte Wahl fungieren.
Im Rahmen von Nahrungsergänzungsmitteln kommen Zuckerester von Speisefettsäuren (Kapitel 19.1.3) in Tablettenformulierungen – auch Brausetabletten – zum Einsatz. Ähnlich wie Magnesiumstearat erleichtern sie die Verarbeitung. (481) In der Summe sollten nicht mehr als 40 mg/kg Körpergewicht pro Tag verzehrt werden. Zuckerester von Speisefettsäuren können in größeren Mengen abführende Wirkung haben. (482)
Sorbitanfettsäureester können vielfältig eingesetzt werden; als Schaummittel, aber auch als Stabilisatoren von Kristallstrukturen in Fetten und zur Erleichterung der Verarbeitung von Fettemulsionen im Rahmen der maschinellen industriellen Verarbeitung (Fließmittel). Während für den Einsatz im Rahmen von Lebensmitteln, mit Ausnahme von Backhefe, Höchstmengenbeschränkungen vorliegen, ist dies bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht vorgesehen. Gesundheitlich unbedenkliche Höchstmengen werden leicht überschritten.
Polyglycerinesther von Speisefettsäuren (Kapitel 19.1.3) – auch Polyglyceride von Speisefettsäuren beziehungsweise E475 genannt – fallen unter die Zusatzstoffklassen der Schaumverhüter und Emulgatoren. Je nach Ausgangsmaterial und Herstellungsverfahren kann es zu toxischen und potenziell krebserregenden Verunreinigungen sowie Belastungen mit Schwermetallen kommen.
Auch Natriumlaurylsulfat (Kapitel 19.1.4) ist neben seiner Eigenschaft zu Hautreizungen zu führen, dafür bekannt, die Mikrovilli zu schädigen. (483) Wie bei anderen Emulgatoren besteht die Gefahr, dass die höhere Durchlässigkeit der Zellmembranen zu einer vermehrten und unselektiven Aufnahme von Stoffen und Toxinen führt.
Die beschriebene Lebensmittelzusatzstoffklasse umfasst weitere Emulgatoren, die hier nicht vollumfänglich aufgeführt sind. Der Vollständigkeit halber seien sie dennoch kurz erwähnt, wobei sie oft nicht nur die Funktion, stabile Mischungen aus öligen und wässrigen Ausgangssubstanzen herzustellen, erfüllen, sondern beispielsweise auch als Stabilisatoren, Säuerungsmittel, Verdickungsmittel, Antioxidationsmittel oder Mehlbehandlungsmittel dienen. Die Hauptfunktion der folgenden Zusatzstoffe liegt jedoch darin, als Bindemittel zu fungieren, wobei nicht alle der angeführten Emulgatoren Einsatz im Rahmen pharmazeutischer Produkte und Nahrungsergänzungsmittel finden: (484)
- E 423 octenylbernsteinsäuremodifiziertes Gummi arabicum
- E 426 Sojabohnen-Polyose
- E 431 Polyoxyethylenstearat
- E 442 Ammoniumphosphatide
- E 470 a - b Salze der Speisefettsäuren
- E 471 Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren
- E 472 a - f Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren verestert mit Genusssäuren
- E 474 Zuckerglyceride
- E 475 Polyglycerinesther von Speisefettsäuren
- E 476 Polyglycerin-Polyricinoleat
- E 477 Propylenglycolester von Speisefettsäuren
- E 479b Thermooxydiertes Sojaöl, verestert mit Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren
- E 481 - E 482 Stearoyllactylate
- E 483 Stearoyltartrat
- E 570 Speisefettsäuren
Die Beeinträchtigung der Darmschleimhaut durch Emulgatoren wird teilweise auch dazu genutzt, um die Aufnahme von Wirkstoffen “zu verbessern”. Dies hat nicht nur negative Auswirkungen auf den Darm selbst, sondern fördert ebenso die Aufnahme von Toxinen und Pathogenen. Bei der Anwendung von Lebensmittelzusatzstoffen als Wirkstoffverstärker (z. B. Kurkuma-Extrakt) kann daher nicht automatisch von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis ausgegangen werden. Wir achten bei der Auswahl unserer Rohstoffe strikt darauf, dass keine Materialien zum Einsatz kommen, die Emulgatoren wie Polysorbat 80 als Hilfsstoff enthalten. Zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit oder als Wirkstoffverstärker setzen wir ausschließlich auf natürliche Mechanismen – wo sinnvoll und nötig: die Lösung von fettlöslichen Vitaminen in Öl, die Mischung mehrerer natürlicher Formen eines Mineralstoffes oder die Kombination mit wichtigen Cofaktoren.
Aufgrund der beschriebenen vielfachen schädlichen Auswirkungen von Emulgatoren – v. a. auf die Darmschleimhaut und das Darmmikrobiom – verzichten wir soweit möglich auf deren Einsatz.